Ab dem Schuljahr 2016/2017 können Schüler an der Realschule auch den Hauptschulabschluss machen.

Wir fragten Realschulleiter im Kreis Hall, wie sich das voraussichtlich auf ihre Schule auswirken könnte.


Keine Sorgen um die Zukunft seiner Schule macht sich der Rektor der Realschule Schenkensee, Dieter Käßmann. Seine Schule wird ab Herbst die einzige Haller Realschule sein. Derzeit steige die Schülerzahl. Ziel bleibe es, starke Schüler zur mittleren Reife zu führen. Es werde alles darangesetzt, das Niveau der Schule zu halten. Ein Schwerpunkt soll zukünftig eine noch bessere Berufsvorbereitung sein. Qualitätsunterschiede zwischen Real- und Gemeinschaftsschule sieht Käßmann kaum.

Die Realschule am Karlsberg in Crailsheim rechnet durch die Öffnung der Realschule kurzfristig mit mehr Hauptschülern. Wenn sich die Gemeinschaftsschule etabliert hat, werde sich das einpendeln, meint Leiter Uli Kern. Inklusion sieht er als Bereicherung. Doch müsse genug Geld bereitstehen, um die Kinder genauso gut fördern zu können wie in den Sonderschulen.

Der Rektor der Werkreal- und Realschule Kirchberg, Michael Szutta, hält eine Orientierungsstufe in Klasse 5 und 6 an Realschulen für hilfreich. An seiner Schule kommt sie im nächsten Schuljahr. Für die schwächeren Schüler der bisherigen Werkrealschule bedauert er die endgültige Schwächung dieser Schulart, weil sie in der Realschule nicht mehr durchgehend geschützt gefördert werden können. Die Schülerzahlen und das Niveau der Realschule sieht er nicht gefährdet. Derzeit sind in der 5. Klasse der Werkrealschule 14, in den 5. Realschulklassen 51 Kinder.

Norbert Reinauer, Leiter der Werkreal- und Realschule in Ilshofen, rechnet in der Realschule mit stabilen Schülerzahlen. Ein sinkendes Niveau der Realschule befürchtet er nicht, wenn schwächere Kinder rechtzeitig auf die Werkrealschule wechseln. Die ist in Ilshofen gut besucht (43 Kinder, davon 8 Kinder mit Behinderung) und bleibt, so hofft er, noch lange erhalten.

Auch an der Bühlertanner Werkreal- und Realschule erwartet Rüdiger Vetter-Dannenmaier für die Realschule keine Veränderungen der Schülerzahlen. Ob sich das Niveau der Realschule ändert, sei nicht vorhersehbar. Er sieht die Realschule als Angebot neben der Gemeinschaftsschule, die in der Region wohl überwiegend keinen gymnasialen Aufsetzer anbieten könne.

Wie ihre Kollegen von den anderen Verbundschulen (Werkreal- und Realschule) weist die Leiterin der Mainhardter Schule, Christine Kuhn, darauf hin, dass sie schon bisher den Hauptschul- und den Realschulabschluss anbieten. Die Realschule werde ihr Niveau halten.

In folgenden Punkten sind sich die Realschulleiter einig: Das zugesagte Mehr an Lehrerstunden sei dringend notwendig. Ihr flexibles Betreuungsangebot sei für die Region passender als die gebundene Ganztagsbetreuung in Gemeinschaftsschulen. Auf die ländlichen Realschulen und in die Realschule Schenkensee gehen bisher und wohl auch künftig viele Kinder mit Gymnasialempfehlung. Zwei Schulleiter sehen einen Vorteil der Realschule, dass sie den in der Gesellschaft fortschreitenden Individualismus nicht weiter fördert.

Einige Realschulen gaben bei der Umfrage nur kurze Stellungnahmen ab.

Der Rektor der Realschule zur Flügelau in Crailsheim, Dennis Cramer, äußerte sich zur Inklusion, die bereits „Usus“ sei. Realschule und Gemeinschaftsschule seien keine Konkurrenz, sondern böten Eltern Wahlmöglichkeit.

Der Rektor der Werkreal- und Realschule Schrozberg, Urban Brändle, sieht keine großen Änderungen auf seine Schule, eine Schule mit Inklusion, zukommen. Ob die Realschule oder die Gemeinschaftsschule zukünftig die zweite Säule neben dem Gymnasium wird, werde sich zeigen.

Mit der Begründung, noch nichts Offizielles zur zukünftigen Realschule zu haben, äußert sich die Leiterin der Schlossrealschule in Gaildorf, Michaela Staleker, verhalten.

Am Evangelischen Schulzentrum Michelbach erwartet die Schulleitung „wie sicherlich in allen Realschulen“ mehr Anmeldungen von Werkrealschülern. Um das Niveau der Realschule zu halten, müssten die Niveaustufen deutlich getrennt sein. Die Abgrenzung zur Gemeinschaftsschule sei schwierig, so lange diese Schulform noch keine Abschlussklassen hat.

Der Rektor der Leonhard-Kern-Realschule im Haller Westen, die ab September eine Gemeinschaftsschule wird, sieht neben dem Gymnasium zukünftig nur noch eine weitere Schulart: die Gemeinschaftsschule oder eine erweiterte Realschule. Die Gemeinschaftsschule gehe laut Rektor Thomas Kuhn besser auf heterogene Schüler ein als die bisherige Realschule. Sie ermögliche den Kindern sich ohne Druck zu entwickeln, statt sich früh auf einen Abschluss festzulegen. Die Gemeinschaftsschule werde für starke Schüler auch das erweiterte, gymnasiale Niveau anbieten – mit mehr Nachmittagsunterricht für diese Kinder als an der Realschule.

Änderungen in der Realschule ab dem Schuljahr 2016/17

Neuerungen Schwächere Schüler können künftig den Hauptschulabschluss machen. In den Klassen fünf und sechs lernen die Schüler je nach Lernstand in den verschiedenen Fächern auf dem Grund- oder dem mittleren Niveau. Erst danach entscheidet sich, ob es Richtung Hauptschul- oder Realschulabschluss geht. Schüler beider Niveaus besuchen dieselbe Klasse. Die Realschule bekommt mehr Stunden, um besser auf die heterogene Schülerschaft eingehen zu können. Inklusion (Integration von Schülern mit Behinderung) gilt auch für Realschulen.

HT
SIGRID BAUER
 13. März 2015